Mein Körper, der Feind

Wie wir uns vor lauter Diäten und Schönheitsidealen im Außen verirren.

Es wird Zeit, uns wieder wohl in unserer Haut zu fühlen. Weg von Diäten hin zu mehr Happiness im Leben. Warum es wichtig ist, unser Glück im Innen zu finden und nicht anhand von Äußerlichkeiten zu suchen.

Ich schreibe diesen Artikel, weil ich gestern ein Gespräch geführt habe, das mich emotional sehr bewegt hat.

Eigentlich müsste ich richtiger Weise schreiben: diese Art Gespräch habe ich schon sehr oft geführt und sie bewegt mich jedes Mal. Wenn ich also von meiner Unterhaltung gestern berichte, dann repräsentiert diese Unterhaltung eigentlich sehr viele Gespräche der letzten Jahre.

Die Situation

Ich war eine der ersten Gäste beim Geburtstagskaffee einer Freundin. Außer der Gastgeberin kannte ich an dem Tag niemanden.

Kurz nach mir kam Lisa (Name geändert ;)) durch die Tür und strahlte in die kleine Runde. Mir war direkt klar, dass Lisa ein super herzlicher Mensch ist. Direkt im ersten Small Talk beim Ankommen erzählte sie der Gastgeberin, sie habe gerade 8 Kilo in 8 Wochen abgenommen, daher würde sie auf ein Stück Kuchen verzichten.

Ein wenig später stieß eine Freundin von ihr dazu. Auch ihr erzählte Lisa von ihrem Diät-Fortschritt, fügte jedoch enttäuscht hinzu, dass sie obwohl sie täglich nie mehr als 1.000 kcal esse, seit 2 Wochen ein Plateau wahrnehme – auf der Waage bewege sich gar nichts mehr.

Die beiden saßen mir direkt gegenüber und in mir schrillten alle Alarm-Glocken. 1.000 kcal! Das ist viel zu wenig.

Lisa scheint ein sehr offener Mensch zu sein. Als sie mitbekam, dass ich Fitnesstrainerin bin, nutze sie die Gelegenheit, mich über Ernährung und Training zu befragen.

Ehrlich gesagt, teile ich mein Wissen in diesem Bereich sehr gerne. Ich befolge jedoch keine starren Ansichten. Ich finde es wichtig, bei jedem Menschen individuell hinzuschauen. Jede Person ist anders und auch 
 die Ernährungs- und Lebensweisen können sich sehr von einander unterscheiden können. Was sich für den einen gut und zum Beispiel lecker anfühlt, kann für den anderen genau das Gegenteil sein. Ich bin zwar keine Ernährungsberaterin und habe in diesem Bereich eher solides Allgemeinwissen als fundierte Fachkenntnisse. Dennoch versuche ich, mich facettenreich und umfassend in diesem Bereich zu informieren. Um Ernährungs-Tipps soll es hier jedoch in diesem Rahmen nicht gehen.

Ich sprach lange mit Lisa und hörte mir ihre Sorgen und Gedanken sowie vorherige Erfahrungen mit Diäten an. Ich hinterfragte einige ihrer Gedankengänge und Ansichten und beantwortete ihre Fragen. Außerdem teilte ich auch Erfahrungen mit ihr, die ich in der Arbeit mit meinen Klienten gesammelt habe.

Photo by ELENA MOZHVILO (UNSPLASH)

Meine Emotionen

Mehrere Punkte in diesem Gespräch und Äußerungen haben mich sehr bewegt und bis ins Herz traurig gestimmt. Ich musste auf dem Heimweg und darüber hinaus lange über Lisa nachdenken. Mit dem Gedanken, dass meine Erfahrungen und Gedanken Menschen vielleicht neue Wege eröffnen können oder neue Wege eröffnen oder Hoffnung schenken können, schreibe ich diesen Artikel.

  • Warum klappen Diäten und Abnehm-Vorhaben bei so vielen Menschen einfach nicht?
  • Warum nimmt das Thema Essen und Körpergewicht im Leben vieler Menschen einen so großen Raum ein?
  • Wie kann es sein, dass es für ein Thema, das so viele Menschen bewegt, noch keine Lösung gefunden wurde, die wirklich funktioniert?

Ein paar Mythen

In meinem Gespräch mit Lisa stieß ich auf Ernährungsmythen, die ich bereits als lange hinterlegt glaubte, wie zum Beispiel:

  • „Je weniger ich esse, desto mehr nehme ich ab.“
  • „Kohlenhydrate sind schlecht.“
  • „Es ist gut, wenn ich viel Fleisch und Milchprodukte esse.“

Hey, ganz ehrlich: wenn du diese Aussagen auch glaubst, bitte ich dich, mit einem Experten zu sprechen oder dich umfangreich zu informieren.

Unser Körper zieht aus unserer Nahrung wertvolle Bausteine, die er täglich benötigt, um uns am Leben zu halten. Er repariert u.a. Zellen, führt Stoffwechselprozesse durch, sorgt dafür, dass unser Gehirn versorgt und leistungsfähig bleibt und stellt Energie für unseren Bewegungsapparat bereit. Ja, unser Körper kann die Energie auch aus Fettzellen herstellen, jedoch fehlt es ihm bei extremen Diäten auf längere Zeit an essenziellen Nährstoffen. Langfristig zu wenig Energie und Nährstoffe aufzunehmen führt dazu, dass der Körper den Stoffwechsel verlangsamt und damit auch weniger Fett abbaut – gefühlt befindet sich der Körper in einer Hungersnot und läuft auf Sparflamme.

Isst du dagegen gesund, ausgewogen und abwechslungsreich, kann dein Körper alle Hormone herstellen, die dich happy und zufrieden machen. Außerdem kann eine ausreichende Nährstoffversorgung dein Stresslevel senken, denn mit der Verdauung aktivieren wir auch den Parasympathikus (den beruhigenden Teil des Nervensystems). Der Körper signalisiert: alles ist save.

Ein effektiverer Weg:

Wenn du dich angesprochen fühlst und abnehmen möchtest, kann es hilfreich sein, sich immer und immer wieder bewusst zu machen, dass eine Veränderung auch Zeit kosten darf.

Menschen werden nicht von heute auf morgen übergewichtig. Menschen wünschen sich jedoch, dass sich alle überflüssigen Fettzellen über Nacht wegzaubern lassen. Zeit ist ein erster wichtiger Erfolgsfaktor. Ein anderes Kriterium für langfristigen Erfolg sind gesunde (!) Ernährungsgewohnheiten aber auch passendes Muskelaufbau- und Cardiotraining. 

Ich selbst bin übrigens ein Fan der groben 80/20 Regel. 80% meiner Mahlzeiten bestehen aus ausgewogenen Ernährungsgewohnheiten und an vielen Tagen integriere ich ausreichend Bewegung in den Alltag. Dann ist es auch völlig in Ordnung, hier und da aus der Reihe zu tanzen.

Dabei spielt es aus meiner Sicht eine weitaus größere Rolle, wie du dich beim Training FÜHLST, als welche Übungen du im Speziellen machst. Okay, es ist wichtig, ganzheitlich zu trainieren und eine gesunde Übungsausführung anzustreben. Doch ist die Zeit, die du im Gym oder auf deiner Yoga-Matte verbringst eine Zeit, die dir Spaß und Freude machen darf. Du hast hier die Möglichkeit, deinen Körper jedes Mal ein bisschen besser kennen zu lernen und ein angenehmeres Körpergefühl zu entwickeln. Außerdem sind unsere Alltage meist sehr mit Terminen überladen. Gönn’Dir eine tolle Zeit, die dir gut tut, als Sportarten auszuüben, nur weil du meinst du „musst“.

Ein Kampf gegen den eigenen Körper

Ich glaube, das Thema, das mich an Lisa’s Geschichte emotional so aufwühlt, liegt viel tiefer. Mein Anliegen ist nicht, hier das ideale Abnehm-Konzept darzulegen.

Sich auf längere Zeit damit zu quälen, deutlich unter den eigenen Bedürfnissen zu essen, ist im Letzten ein Kampf gegen den eigenen Körper.

Ich habe bereits in mehreren Blog Artikeln darüber geschrieben, dass unser Gehirn gerne im „Autopilot“ aus dem Unterbewusstsein heraus unseren Alltag steuert (z.B. HIER). Im Falle einer radikalen Ernährungsänderung, gerät das Gehirn in einen Stresszustand. Es kann nicht mehr die Prozesse ausführen, die sich sicher anfühlen. Dieser zusätzliche Stress sorgt für lange Zeit dafür, dass der Sympathikus (der aktivierende Teil unseres Nervensystems) aktiv ist. Auf lange Sicht kann dies zu Folgeerkrankungen führen.

Gefangen im Dilemma

„Energie folgt der Aufmerksamkeit“. Es sind meist nicht nur die Zeiten während der Diät, in denen sich Menschen permanent Gedanken, um ihr vermeidlich zu hohes Gewicht oder gefühltes falsches Aussehen Gedanken machen. Dem Gehirn wird antrainiert, immer und immer wieder daran zu denken, was alles nicht stimmt.

Basierend auf dieser Gedankenroutine ist ein Ausweg oder eine Änderung kaum noch möglich. Aus einem Mangel heraus lässt sich so gut wie nie eine Änderung im eigenen Leben umsetzen.

Unsere Gedanken formen und beeinflussen nun mal unsere Realität. Mit dem Gedanken „zu dick/hässlich/klein…“ zu sein, boykottieren Menschen den Erfolg unbewusst und signalisieren dem Körper eben genau das – dass er zu dick/hässlich/klein ist.

Weniger Kämpfen...

Wir leben in einem Körper. Wir sind eine Einheit aus Körper, Geist und Seele. Wir haben im Leben nur diesen einen Körper.

Daher finde ich es jedes Mal so erschreckend, wie Menschen so streng gegen ihren Körper kämpfen. Unser Körper weiß am besten, was er braucht und was ihm guttut. Alle Signale, die von ihm ausgehen, können helfen, Bedürfnisse zu verstehen und zu stillen.

Unser Körper ist nicht unser Feind. Wenn wir ihn jedoch wie unseren Feind behandeln, verlernen wir, diese Signale wahrzunehmen.

... mehr Sein und mehr Genuss

Gutes Essen liefert uns alle wichtigen Nährstoffe, um stressfrei durch den Tag zu kommen. Auch der Hormonhaushalt wird durch Nahrung beeinflusst. 

Wenn Menschen mir von ihren Diät-Historien erzählen, ist es meistens nie der erste oder zweite Versuch, den sie starten. Viele von ihnen sind bereits öfter erfolgreich gestartet und dann wieder schnell auf ihrem Ursprungsgewicht gelandet.

Die Strategie, die sie beim ersten Mal versucht haben, hat langfristig nicht geholfen. Dennoch wählen sie bei jedem neuen Versuch, eine ähnliche Strategie – z.B. radikale Ernährungsumstellung, ein super intensives Sportprogramm, dass sie von Null auf 100 challenged, usw. Hat diese Strategie bereits beim ersten Mal nicht funktioniert, wäre es doch sicher ratsam, einmal einen anderen Weg auszuprobieren. Es gibt so viele Ansätze, die langfristig Erfolg bringen können. Nicht jede Strategie passt zu jedem.

Viele Menschen holen sich aber genau in den Bereichen, in dem sie eigentlich eine Änderung wünschen, keine Hilfe von Experten oder nehmen sie kaum an. Manchmal frage ich mich, ob hier unbewusste Sabotage-Muster und Glaubenssätze am Werk sind oder wir Menschen uns einfach nicht gern helfen lassen. Im letzten kann ich diese Frage natürlich nicht beantworten.

 

Dazu kommt, dass das, was wir uns selbst als „ERFOLG“ definieren, oftmals kein Wunsch unseres Herzens ist, sondern indirekt gesellschaftlich und von außen auferlegt ist. Manchmal kann ein einfaches „Warum möchte ich dieses Ziel erreichen?“ auch helfen, Erfolg noch einmal neu zu definieren.

Achtsamkeit und Empathie mit uns selbst

In meiner Ausbildung zur Heilpraktikerin für Psychotherapie habe ich gelernt, dass viele Glaubenssätze bereits während der Erziehung entstanden sind. Auch die Art und Weise, wie unsere Gesellschaft uns weismacht, wie wir idealerweise auszusehen haben, entfernt uns von einem realistischen Umgang mit unseren Zielen.

Irgendwo unterwegs hast du vielleicht aufgehört daran zu glauben, dass Veränderungen möglich sind. Und dass du dich zwar in deinem Körper wohlfühlen darfst, jedoch nicht so auszusehen hast, wie Medien es vorschreiben.

Ich wünsche mir einfach, dass wir anfangen aufzuhören, Schönheitsidealen hinterher zu laufen. Wir können nur im Hier & Jetzt glücklich sein. Alles andere ist eine Illusion, die uns das Hier & Jetzt kaputt macht. Wenn du jetzt unglücklich bist, dann wirst du es vermutlich auch sein, wenn deine Hosengröße zwei Nummern kleiner ist. Wahre und echte Lebensfreude entwickelt sich nicht basierend auf Äußerlichkeiten. Sie kann nur in unseren Herzen entstehen.

Vielleicht können wir stattdessen wieder dankbar für unseren tollen Körper werden. Unser Körper trägt uns durchs Leben und ermöglicht uns alle Erfahrungen, die wir im Leben sammeln dürfen. Wenn dein Körper gesund ist, sollte das ein hammermäßiger Grund für Freude sein.

Uns sollte doch egal sein, was andere Menschen von uns denken. Wir sollten uns doch vielmehr darauf konzentrieren, wie wir von innen heraus unser und Gottes Licht in die Welt bringen können.

Uns sollte egal sein, ob uns manche Menschen vielleicht nicht mögen, wenn wir dafür in wundervollen Beziehungen mit anderen Menschen leben können. Wir sollten uns doch auf die Menschen konzentrieren, denen wir Liebe und Zeit schenken wollen und die ignorieren, die uns basierend auf Oberflächlichkeiten verurteilen.

Ja natürlich wollen wir uns in unserem Körper wohlfühlen. Aber fühlen wir uns wirklich wohl dabei, wenn wir mit unserem Körper einen Diät- und Workout Kampf führen?

Fühlen wir uns nicht viel, viel wohler, wenn wir ein Stück Torte essen und genießen und ab und zu eine Mobility oder Cardio-Einheit im Grünen abfeuern, die uns wirklich Spaß macht?

Ist es nicht viel schöner, eine liebevolle Umarmung mit allen Sinnen zu genießen als sich dabei zu fragen, ob man selbst einen trainierteren Körper haben sollte?

Photo by Sid Leigh (Unsplash)

Kennst du das Gebot der Nächstenliebe? „Du sollst den Herrn, deinen Gott lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt (5. Mose 6,5). Dies ist das höchste und erste Gebot. Das andere aber ist dem gleich: du sollst deinen nächsten lieben wie dich selbst (3. Mose 19,18).

Darin steckt so viel Tiefes, wenn wir verstehen, dass wir uns selbst wirklich lieben sollen. Uns wirklich annehmen, genauso wie wir sind – mit allen Stärken und Schwächen, allen Fehlern und Makeln, allen Talenten und Schönheiten – das würde unsere Seele so viel leichter machen.

Ich bin mir sicher, der Körper würde folgen. Er könnte gar nicht anders.

– Unser Aussehen ist einzigartig, und genau das macht uns schön! –

Disclaimer: Ich bin keine ausgebildete oder zertifizierte Ernährungsberaterin oder Medizinerin. Falls du auf diesem Gebiet weitere Informationen benötigst, vermittle ich dir gerne einen Kontakt.

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